Dienstag 28.06.2022

50 Jahre Kurt-Schumacher-Brücke Mannheim

Die ab 1968 gebaute und am 28. Juni 1972 eingeweihte, etwa 2 km lange Nordbrücke Mannheim-Ludwigshafen (Kurt-Schumacher-Brücke) verbindet die Zentren von Mannheim und Ludwigshafen; ihr Entwurf und Bau wurde durch zahlreiche Auf- und Abfahrten sowie Zwangspunkte in den beiderseitigen Hafengeländen erschwert [1]. Um Platz für den Brückenkopf auf der Ludwigshafener Seite zu schaffen wurde von 1962 bis 1969 der alte, direkt am Rhein gelegene Kopfbahnhof zu einem Durchgangsbahnhof umgebaut [2] –  “within time and budget“.

Die – wegen der Anschlüsse auf der Ludwigshafener Seite - einhüftige  Strombrücke hat eine Hauptöffnung von 287 m aus Stahl, die Vorlandöffnungen auf der Mannheimer Seite sind zur Vermeidung großer abhebender Kräfte aus Spannbeton  – eine hier erstmals angewendete Kombination der beiden Werkstoffe, die später sehr häufig gewählt wurde [3].

Der Grundquerschnitt des Überbaus hat eine Breite von 36,9 m und besteht aus 2 Kragarmen von 5,05 m, 2 Hohlkästen von 7,8 m und einer 11,2 m breiten Platte dazwischen. Zum Uferpfeiler Ludwigshafen hin vergrößert sich die Brückenbreite auf 51,9 m, dazu werden 2 zusätzliche Hauptträger benötigt, und der Stadtbahntrog wird gegenüber der Straße abgesenkt.

Die 71,5 m hohen Stahlpylone sind über der Stadtbahn gespreizt und ruhen auf rechteckigen Neotopflagern; der Pfeiler hat eine Caissongründung - die letzte bei einer Rheinbrücke. Die konzentrierten Kabel bestehen aus 2 bis 10 Paralleldrahtbündeln mit je 295 Drähten Ø 7mm aus St 140/160.

Bedingt durch die großen Kabelabstände war für den Freivorbau eine Hilfsüberspannung erforderlich und es ergaben sich vor/nach Einziehen der Kabel Verformungen von 2,4/-1,9 m gegenüber der Endlage.

Wegen des komplizierten Systems wurden Belastungsproben mit der kostengünstigsten Last - amerikanischen Panzern auf Tiefladern - gemacht. Bei einseitiger Belastung ergab sich eine geringere Querneigung als berechnet, da in der Berechnung die Spreizung der Kabel nicht berücksichtigt war.

Aufgrund eines optimistischen Bodengutachtens sind die Pfeiler der Seitenöffnungen flach gegründet; dies führte zu erheblichen Setzungen und Verkantungen der Pfeile in Längs- und Querrichtung, die schon während des Baus umfangreiche Sanierungsarbeiten erforderten.

Die anschließende Brücke über den Mühlauhafen hat eine Mittelöffnung von 139 m und zwei Besonderheiten: sie hat Verbreiterungen für den Anschluss an die – bis heute nicht verwirklichte - Westtangente, und die Geh- und Radwege sind in diesem Bereich abgesenkt.

Unser Büro war für den Entwurf und die Prüfung des gesamten Brückenzuges von den Widerlagern in Mannheim bis zum Trennpfeiler Ludwigshafen zuständig, damit war die Brücke das bis dahin größte Brückenprojekt des Büros.

Reiner Saul

[1] Kurt- Schumacher-Brücke, Sonderdruck zur Verkehrsübergabe am 28.Juni 1972

[2] Stahlbau 1970, S. 257-267 und 306-312

[3] Stahlbau (1973) 42 S. 97-105,138-152 und 161-172.